Die Ritter GmbH ist ein etablierter Kunststoffverarbeiter in Europa, spezialisiert auf Komplettlösungen für unterschiedliche Branchen. Das Unternehmen liefert Kartuschen für Dicht- und Klebstoffe, Präzisionsprodukte für Klinik- und Laboranwendungen sowie Rasenwaben und andere Befestigungen für Grün- und Verkehrsflächen an Auftraggeber in aller Welt. Die Corona-Pandemie hat in der Branche einiges verändert. Bei dem Familienbetrieb Ritter agiert man flexibel und blickt unerschrocken nach vorn.
Firmensitz in Schwabmünchen mit über 30.000 qm
Die Ritter GmbH verarbeitet an ihren Standorten in Deutschland (98 Maschinen) und Slowenien (34 Maschinen) mehrere Tausend Tonnen Rohmaterial im Jahr. Moderne Infrastruktur, eigener Formenbau und der eigenen Werkzeuge stellen die Basis für ein breites Anwendungsspektrum, von IML und Multi über Schnelllauf- bis Reinraumanwendungen – teils mit Entnahme und Laminar Flow Boxen. An beiden Standorten werden Kartuschen sowie Produkte für den Landschafts- und Straßenbau hergestellt, Medizinprodukte ausschließlich in Deutschland. Hier entsteht gerade eine weitere Halle, die eine 2,5-fache Größe des aktuellen Neubaus sein wird. Sie dient ebenfalls der Produktion von Medizinprodukten, z.B. von Verbrauchsmaterial für das Liquid Handling in der Labordiagnostik. Die Baumaßnahmen wurden lediglich von Ausgrabungsarbeiten verlangsamt. Man hat Funde aus der Römerzeit entdeckt. Frank Ritter zeigt sich verständlich.
„Schockstarre war keine Option“
Es sind besondere Zeiten, in denen wir Ritter im beschaulichen Schwabmünchen besuchen. Geschäftsführer Frank Ritter eröffnet unser Gespräch mit einem Rückblick auf den März des Jahres 2020: „Wir waren in den letzten Zügen des Neubaus der neuen Fertigungshalle, als die Regierung den Lockdown auslöste. Die epidemiologischen Entwicklungen in China ließen schon vorher nichts Gutes erahnen. Aber Schockstarre war keine Option, wir mussten reagieren. Also haben wir schnell reagiert. Notfallpläne sowie Hygienemaßnahmen initiiert, neue Schichten eingeteilt, den Übergang ins Home-Office, und vieles andere. Alle Mitarbeiter haben mitgezogen und waren höchst kooperativ. Das alles bekam eine Gruppendynamik, die mich als Unternehmer wirklich stolz gemacht hat.“
Frank Ritter, Geschäftsführer der Ritter GmbH, vor einem vollen Auslieferungslager. Jährlich verlassen über 9000 LKW-Ladungen den Standort
„Wir waren plötzlich systemrelevant“
Das Unternehmen hatte gerade erst im Februar den Neubau fertiggestellt, so dass die Infrastruktur zur Erweiterung gegeben war. Binnen weniger Wochen wurde die Fertigung hochgezogen. Als die Pandemie Deutschland erreichte, war es höchste Zeit zu handeln. Spritzgießereien im Bereich Medizin waren plötzlich systemrelevant – quasi über Nacht. „Werkzeuge hatten wir vorrätig bzw. konnten wir schnell selbst bauen“, erinnert Ritter, „aber die passenden Maschinen fehlten. Dazu brauchten wir Partner, die sehr schnell liefern konnten. Haitian International Germany konnte sofort handeln, das verschaffte uns einen großen Vorteil.“
Im Medizinbereich setzt Ritter ausnahmslos auf elektrische Maschinen, und die elektrischen Baureihen von Zhafir hatten sich bereits im slowenischen Werk bewährt. „Zhafir Maschinen sind günstiger im Energieverbrauch, leiser, sauberer und haben langfristig weniger Wartungskosten“, schwärmt Ritter und freut sich über die Zeres-Baureihe mit integrierter Hydraulik. „Zhafir ist definitiv eine andere Preisliga, die uns enormen Handlungsspielraum gibt und den ROI greifbarer macht. Technologie auf den Punkt ist tatsächlich Programm.“ Von den vorerst zehn neuen Zeres wurden sieben Einheiten „mit Robots verheiratet“ und im Grauraum eingesetzt, auf drei weiteren Zeres-F (schnelles Einspritzen, kurze Zyklen) laufen Schraubverschlüsse für Kartuschen; weitere Zeres-Maschinen sollen folgen, auch wenn das Team mit den neuen erst mal „warmlaufen“ musste.
Ideenreich auch in Krisenzeiten
Was die aktuelle Auftragslage betrifft, ist man bei Ritter einerseits sehr zufrieden, aber dennoch besorgt. Zwar hatte Ritter wie viele andere Betriebe auch zunächst einmal sicherheitshalber Kurzarbeit angemeldet, doch plötzlich war die Situation ins Gegenteil verkehrt. „Unsere Auftragsbücher waren über Nacht mehr als voll. Wir arbeiten auf Hochtouren, bis zum Anschlag, schon seit Monaten. Aber es reicht nicht, wir brauchen mehr Manpower“, erklärt Ritter.
Obwohl die 365 Mann starke Belegschaft inzwischen um etwa 90 Mitarbeiter aufgestockt wurde, sucht das Unternehmen weiterhin ca 100 neue Mitarbeiter bis Mitte 2021. Auch dabei zeigt sich Ritter einfallsreich und flexibel: „Selbstverständlich wollen wir Deutschland und Europa unterstützen, natürlich sehen wir uns in der Pflicht. Aber alleine schaffen wir es nicht, das funktioniert nur mit anderen Unternehmen gemeinsam.“
Am liebsten wäre den Geschäftsführern von Ritter ein Solidaritätsmodell mit anderen Betrieben in der Region, „eine Art Beschäftigungs-Pakt gewesen. Auf diesem Wege hätten zum Beispiel Arbeitnehmer aus Betrieben, die gerade in Kurzarbeit sind, unser Team vorübergehend unterstützen können. Allerdings konnte dies nicht umgesetzt werden, da Mitarbeiter anderer Firmen über das Kurzarbeitergeld abgesichert waren. Somit mussten schnellstens eigene Mitarbeiter rekrutiert werden.“
Auf einer Zhafir Zeres-F Serie mit 300 Tonnen Schließkraft: Fertigung von Kolben für Kartuschen
Auf einer Zhafir Zeres Serie mit 120 Tonnen Schließkraft: Fertigung von Riplate® Microtiterplatten für Labore
„So einen Service hatten wir bislang noch nicht“
„Zu behaupten, eine völlig neue Baureihe bedeutet keine Startschwierigkeiten bei den Maschinenbedienern, wäre Unsinn. Aber Haitian hat erneut wieder schnell reagiert und eine Schulung für uns in Schwabmünchen organisiert. Und das völlig kostenfrei.“ Die anfängliche Skepsis konnte ausgeräumt und Unsicherheiten direkt behoben werden. „So einen Service hatten wir bislang noch nicht“, resümiert Ritter. „Seither laufen die Maschinen über 700 Stunden im Monat. Mit den üblichen Kleinigkeiten wie bei jeder unserer anderen Maschinen auch“. Aufgrund der gigantischen Nachfrage nach Medizinprodukten und der Einstufung als systemrelevantes Unternehmen laufen die Zeres im 24/7-Modus.
Geradezu vorbildlich mit Nachhaltigkeit
Eines der Kernziele bei Ritter ist nachhaltige Produktionseffizienz durch hohe Fertigungstiefe und Serienfertigung in Perfektion. „Wir können den ganzen Prozess abbilden, das macht uns unabhängig und extrem flexibel“, so Ritter. Getreu dieser Philosophie stehen auch die expansiven Baumaßnahmen im Zeichen der Unabhängigkeit und verbinden Kosteneffizienz geradezu vorbildlich mit Nachhaltigkeit.
Beispiel Kreislaufwirtschaft: Für Baustoffprodukte werden hauptsächlich Rezyklate verwendet, im Landschaftsbau ausschließlich Recyclingprodukte, seit langer Zeit.
Stichwort Umwelt & Ressourcen: An sonnigen Tagen ist das ISO-50001-zertifizierte Unternehmen nahezu autark. Die Dachflächen der Parkplätze werden mit insgesamt 1250 kWp Photovoltaikanlagen zur Eigenstromerzeugung genutzt, Mit drei Blockheizkraftwerken werden zwei Drittel des Strombedarfs erzeugt, dessen Abwärme darüber hinaus hocheffizient für die Kälteerzeugung genutzt wird.; ein vollautomatisches Energie-Leitsystem (Wärme, Kälte, Licht, Klima) sorgt für maximale Einsparungen im Neubau und energieeffiziente Maschinen bilden das Herz des Ganzen. In der Produktion kommen ausschließlich geprüfte und schadstofffreie Kunststoffe zum Einsatz, die der Kreislaufwirtschaft wieder zugeführt werden können.
Darüber hinaus setzt Ritter auf biologisch abbaubare bzw. kompostierbare Rohstoffe und testet diverse Materialien – natürlich auch hier mit Blick nach vorn. „Im Medizinbereich ist der Einsatz von Rezyklaten undenkbar, hier sind nur zertifizierte Materialien erlaubt. Aber im Non-Food-Packaging erleben wir einen Strukturwandel, es kommen immer mehr Projekte mit neuen Recyclingmaterialien auf den Tisch.“
Zwei Brüder auf großen Spuren
2002 haben Ralf und Frank Ritter die 1965 gegründete Ritter GmbH gemeinsam von ihren Eltern übernommen. Mit mehrteiligen Kartuschen-Systemen, hoch präzisen Medizinprodukten sowie robusten Bodenwaben aus Rezyklaten ist das Unternehmen breit aufgestellt. Das qualitativ hochwertige Produktportfolio basiert auf zahlreichen Patenten.